Erste Darstellungen

 

Die ältesten Darstellungen von Bürgern und Bauern finden sich in Gaimersheim innerhalb der Kirche und deren näheren Umgebung.

Am Nordeingang unserer Pfarrkirche (der so genannten Frauenseite) findet sich ein Grabstein, der einen Gaimersheimer Bürger zeigt, wie er um 1580 gekleidet war.  Am rechten Bildrand sehen wir einen flachen Hut mit schmaler Krempe. An der am Boden liegenden Person fallen als erstes die langen Haare auf , die der Mode der damaligen Zeit durchaus entsprechen. Um den Hals trägt er einen steifen Kragen, wie wir ihn bei der spanischen Hofmode finden, der aber nicht deren typische 8er Fältelung zeigt.  Den Oberkörper bekleidet ein langärmliges Wams, dessen Vorderseite uns allerdings verborgen bleibt. Die Schenkel bedeckt bis kurz über die Knie reichend ein reichgefälteter Rock. Die Beine werden von Strümpfen bekleidet, die wahrscheinlich mit einem Strumpfgürtel an der Taille befestigt wurden). Die Füße stecken in Stiefeln die keinen Absatz aufweisen, der Schaftabschluss wird von einer umgeschlagenen Stulpe geziert. Diese Stiefel sind der Beweis, dass die Person bäuerlichen Standes ist, da während der Renaissance nur Handwerker und Bauern am Stiefel festhielten, während Bürger und Adelige den damals hochmodischen und an der Spitze extra breiten Kuhmaulschuh bevorzugten.

Ein Abbild mit ähnlicher Kleidung findet sich auf einem Gedenkstein innerhalb der Sakristei. Dasselbe Bild ist auch am Ostgiebel des Zöpfelhofes sogar in farbiger Fassung zu sehen. Auf beiden Steinen ist das selbe Wappen. Beide Male zeigt es uns einen Herrn mit langärmligen, hochgeknöpften Wams, der wieder die Halskrause der spanischen Hofmode trägt. Das Wams geht von der Taille abwärts in einen reich gefälteten Rock über. An den Beinen trägt die Person wieder Beinlinge. An den Füßen dürfte jener so moderne Kuhmaulschuh sein, da kein Stiefel zu erkennen ist. Es handelt sich ja auch um eine Wappendarstellung des Bürgermeisters und Kirchenprobstes der damaligen Zeit, was ja auch eine gewisse höhere soziale Stellung darstellte.

Es sind aber auch noch andere Darstellungen mit bürgerlichem Gewand vorhanden. Diese finden sich innerhalb unserer Pfarrkirche sowie in der St. Nikolauskirche am Friedhof. Alle drei Epitaphe zeigen Gaimersheimer Bürger mit  ihren Familien, die aus einer sozial höheren Schicht stammen (Ratsfamilie Koller, Hans Alter  - innerer Rat und Andreas Zöpfl - Bürger zu Gaimersheim). Die Darstellungen sind aus der Zeit zwischen 1565-1613, also aus der Stilepoche der Renaissance, in der in den katholischen Gebieten Deutschlands und Österreichs die spanische Hofmode tonangebend war. So tragen die Herren auf diesen Grabsteinen alle die in 8er Fältelung gelegte spanische Halskrause (Mühlsteinkrause), die bis heute in der Zeremonialkleidung der Schweizer Garde und der evangelischen Pastoren noch zu sehen ist. Die Jüngeren tragen ein vorgeknöpftes Wams, dessen reich in Falten gelegter Schoß halb über die Oberschenkel reicht. Die älteren Männer tragen einen knapp über die Knie reichenden Mantel mit Umlegekragen (Schaube). Als Hose ist nur auf einem Bild eine über das Knie reichende Pluderhose zu sehen. Die anderen Herren tragen vielleicht so genannte Heerpauken, die meist am oberen Drittel des Oberschenkels endeten und teilweise sogar ausgestopft wurden. An den Beinen wurden noch Beinlinge oder schon Strumpfhosen getragen, die durchaus schon aus Wolle oder Seide gestrickt sein konnten, da im 16. Jahrhundert in England die ersten Handkulierstühle (Begriffeserklärung) erfunden wurden, mit denen fortan die Strümpfe maschinell gewirkt werden konnten und nicht mehr wie vorher aus Stoff genäht werden mussten. Als modischer Gag und zugleich Zeichen der Würde galt damals bei den Herren ein etwas stärkerer Bauchansatz. Fehlte dieser, wurde eine Attrappe ein so genannter "Gänsbauch" vorgeschnallt. Als Fußbekleidung dienten damals dem modebewussten Herrn der Kuhmaulschuh. Die Kopfbedeckung war entweder ein schwarzer Hut mit hohem abgerundetem Gupf und schmalem steifem Rand (den bei vornehmen Persönlichkeiten ein Gesteck aus Reiherfedern zierte) oder ein Barett mit Federgesteck bei den niederen Ständen. Die Bart- und Haartracht ist ein üppiger Spitz- oder Vollbart. Die Haare werden halblang oder bei höheren Ständen kurz geschnitten getragen. Die verheirateten Frauen auf diesen Epitaphen tragen allesamt die damals übliche Trauerkleidung. Diese bestand aus einem bodenlangen schwarzen Mantel, die spanische Halskrause (die teilweise solche Größe erreichte, dass zum Essen extra lange Löffelstiele benötigt wurden) dazu ein schmuckloses weißes Tuch, dass den Kopf und den Hals teilweise bis hinauf zum Kinn bedeckte (weiße Bekleidungsteile in der Trauertracht waren in ganz Europa anzutreffen und haben sich teilweise sogar bis ins 20. Jahrhundert bei der Witwenkleidung gehalten). Über diesem Tuch wurde manchmal noch eine hohe zylinderförmige oder barettartige Haube getragen. Die jüngeren unverheirateten Frauen und Mädchen tragen Kleider mit knöchellangen Röcken, die Oberteile sind enganliegend geschnitten mit Puffärmeln an den Schultern. Den Kopf bedeckt ein den Hinterkopf und die Ohren bis zum Haaransatz umschließendes Häubchen. Auf dem Epitaph in der Friedhofskirche trägt diese Altersgruppe schon eine bramerlartige Kopfbedeckung oder einen Stirnreif, so dass die in einem Zopf nach hinten getragenen Haare sichtbar werden.